Insel für Farbenblinde

Insel für Farbenblinde

Persönlich

Wie mein Leben aussah und wie es jetzt ist

Mein Name ist Cornelia.

Ich erblickte am 16.August 1977 in Basel das Licht der Welt. Bereits als ich 8 Wochen alt war, bemerkten meine Eltern, dass etwas mit meinen Augen nicht in Ordnung war, weil sie sich immer hin und her bewegten und weil ich sie im Hellen zukniff. Sie gingen mit mir zu diversen Ärzten, aber keiner fand heraus, was ich für eine Augenkrankheit hatte. Sie sagten meinen Eltern, sie müssten Geduld haben, noch etwas abwarten, vielleicht bessere es ja noch... Am 7. Februar 1980 kam mein Bruder André zur Welt, er zeigte keine Anzeichen einer Sehstörung.

Als ich 3 Jahre alt war, flog ich mit meinen Eltern nach Mallorca in den Urlaub. Beim Spielen am Strand - wo die Sonne, der Sand und das Wasser mich stark geblendet haben - fand ich oft meine Spielsachen nicht, welche nur wenige Zentimeter von mir entfernt lagen. Im Gegensatz zum Abend, da habe ich Münzen aufgelesen, die meinen Eltern auf den Boden fielen, da schien meine Sehkraft bestens zu sein.

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Als mein Bruder alt genug war um mit mir zu spielen, konnte er die Legosteine besser nach den Farben sortieren als ich, obwohl er ja jünger war. Langsam kamen meine Eltern auf die Idee, dass ich Farbenblind sein könnte. Mit dieser Idee gingen sie wieder zu verschiedenen Ärzten, bis sie einen fanden, der ihre Diagnose der Farbenblindheit bestätigte. Er stellte fest, dass bei mir 2/3 der Zapfen, welche für das Farbensehen verantwortlich sind, in den Augen fehlten. Ich bekam meine erste Brille, und eine Sonnenbrille für draussen.

Die Schulzeit verbrachte ich auf der normalen Volksschule. Das war in der Primarschule noch gut möglich. In der späteren Schulzeit ergaben sich immer wieder Probleme sei es durch zu wenig Hilfestellungen durch die verschiedenen Lehrer oder durch Hänseleien der Schulkameraden. Mein Selbstbewusstsein war leider auch sehr schlecht entwickelt, ich konnte z.B. nicht sagen warum ich nun so und nicht anders sehe, weil ich es eigentlich selbst nicht genau gewusst habe. Ich dachte als Kind immer ich wäre dreifach «geschädigt» zum einen sehe ich sehr schlecht, sehe keine Farben und bin auch noch stark blendempfindlich. Das diese drei Dinge zusammengehören war mir damals nicht bewusst.

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Die Berufswahl gestaltete sich dann ebenfalls schwierig. Die Berufsberaterin in meiner Gemeinde konnte nicht mit mir und meiner Behinderung umgehen. Sie drückte mir den Berufskatalog in die Hand und sagte, ich solle bis zum nächsten Mal heraussuchen, was ich gerne machen würde. Gesagt, getan! Beim nächsten Besuch konnte ich ihr ein paar Berufe aufzählen. Ohne gross nachzudenken meinte sie darauf nur, dass ich mit meiner Sehkraft keine dieser Berufe ausüben könne, (obwohl es durchaus realistische Wünsche waren!) Sie zeigte mir auch keine Alternativen auf. Enttäuscht ging ich nach Hause und schwor mir, nie wieder dorthin zu gehen.

Von der IV - Berufsberaterin erfuhr ich dann von einem Berufswahljahr, speziell für Sehbehinderte, beim OBV in St. Gallen. Ich war völlig Feuer und Flamme dafür; ein Berufswahljahr, indem ich in verschiedenen Berufen schnuppern konnte, endlich mit Gleichgesinnten zusammen zu sein und zu guterletzt war ich auch froh etwas Abstand von meiner Familie zu bekommen.

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Mit 16 Jahren zog ich also zunächst einmal für ein Jahr in die Ostschweiz. Ich wohnte mit anderen Jugendlichen in einer betreuten Wohngruppe und an den Wochenenden fuhr ich nach Hause. Während diesem Jahr schnupperte ich in verschiedenen Berufen, und musste feststellen, dass ich aufgrund meiner Sehbehinderung nicht alles erlernen konnte, was ich gerne gewollt hätte. Das war im Moment zwar schmerzlich, dies am eigenen Leibe zu erfahren, aber es ist besser so, als wenn es nur jemand sagt, schliesslich muss man selbst herausfinden was man kann und was nicht.

Das Zusammensein mit anderen Sehbehinderten hat mir sehr gut getan, obwohl die Achromatopsie sich eigentlich nicht so sehr mit anderen Sehbehinderungen vergleichen lässt. Ich brauchte weniger Licht, die anderen eher mehr. Die andern orientierten sich an den Farben, was ich nicht konnte. Aber endlich war ich nicht mehr die vermeintlich schwächste, wurde nicht mehr gehänselt, auf meine Bedürfnisse wurde eingegangen und mein Selbstvertrauen wuchs stetig.

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Mit 19 Jahren entdeckte ich in der Bibliothek zufällig das Buch von Oliver Sacks «Die Insel der Farbenblinden». Das Buch las ich in einem Zuge durch und wusste danach endlich genau Bescheid, warum meine Augen so funktionieren wie sie es nun tun. Es war überwältigend, endlich hörte ich davon, dass es noch andere so wie mich gibt. So etwas hatte ich noch nie erlebt, irgendwie dachte ich immer, ich sei die einzige mit einer vollständigen Farbenblindheit. Ich erkannte mich und meine Probleme in diesem Buch wieder, es war unbeschreiblich, fast so wie wenn man von einer langen Reise endlich nach Hause kommt.

Ich entschloss mich dann für eine 2-jährige Ausbildung zur Hauswirtschaftlichen Betriebsangestellten in einem Blindenaltersheim. Wohnen konnte ich dabei weiterhin in den Wohngruppen wo es mir sehr gut gefiel. Während der Ausbildung wurde ich nicht nur im hauswirtschaftlichen Bereich eingesetzt, sondern auch in der Betreuung und Pflege der Pensionäre. Dabei bemerkte ich meine Begabung im Umgang mit anderen Menschen. Ich entschloss mich daher für eine Zweitausbildung im Behindertenbereich. Mit viel Glück bekam ich einen Praktikumsplatz und später auch eine Arbeitsstelle in einem Heim für geistig behinderte Erwachsene in der Ostschweiz und zog in eine eigene Wohnung.

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Im Sommer 2000 habe ich meine berufsbegleitende Ausbildung zur Behinderten Betreuerin, an der Fachschule für Sozialpädagogische Berufe in Bremgarten, erfolgreich beendet.

Danach erstellte ich diese Webseite, inspiriert wurde ich von Oliver Sacks Buch «Die Insel der Farbenblinden» mir ist es ein Anliegen auf diesem Weg Gleichgesinnte zu finden und zusammen zu bringen.

Im Herbst 2002 bekam ich einen Sohn und im Sommer 2005 eine Tochter. Beide haben gesunde Augen und können mir im Alltag schon viel helfen, wenn sie mir die Farben sagen oder die Busnummer vor mir erkennen können.

Zurzeit arbeite ich neben dem Hausfrauen- und Mutterjob im Geschäft meines Mannes und bin dort für die Buchhaltung verantwortlich.

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